Das Nottestament im Falle akuter Todesgefahr
Jeder Erwachsene sollte irgendwann ein Testament schreiben. Doch nicht immer ist alles planbar. Wer nicht mehr genug Zeit übrig hat, kann unter Zeugen ein Nottestament aufsetzen.
Normalerweise wird der Nachlass einer Person in einem von ihr oder einem beauftragten Notar verfassten Testament geregelt. Doch es kann immer Unvorhergesehenes passieren, zum Beispiel Verkehrsunfälle oder Unglücke im Urlaub. Unter solchen bestimmten Bedingungen kann man ein Nottestament aufsetzen lassen. Es gilt: Ein Nottestament, das sich formal nicht beanstanden lässt, ist gültig. Der Begriff „Not“ bezieht sich nur auf die besonderen Umstände, unter denen der letzte Wille verfasst wurde. Ein gültiges Nottestament ersetzt dabei immer ein älteres Testament. Ist ein Nottestament, aus welchen Gründen auch immer, ungültig, tritt allerdings automatisch die gesetzliche Erbfolge in Kraft, kein älteres Testament.
Voraussetzungen für ein Nottestament
Das deutsche Recht weist wenige, aber dafür klare formale Vorschriften für ein Testament auf. Es muss von der Person, um deren Nachlass es geht, eigenhändig verfasst und unterschrieben sein. Einzige Alternative: Anstatt es selbst zu schreiben, kann ein Notar vom Vererbenden beauftragt werden. Beim Nottestament hingegen müssen folgende zwei Bedingungen erfüllt sein, um es erstellen zu dürfen:
Zeit
Die betreffende Person befindet sich in akuter Lebensgefahr, so dass die spätere Aufsetzung eines „normalen“ Testaments unter Mitwirken eines Notars nicht mehr möglich ist.
Ort
Der Ort, an dem sich die sterbende Person befindet, ist für einen Notar in der verbleibenden Zeit nicht mehr erreichbar. Dabei muss man gar nicht erst an Naturkatastrophen denken. Auch ein Autounfall kann eine solche Notsituation herbeiführen.
Sofern diese beiden Bedingungen erfüllt sind, gibt es noch einige wichtige formale Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Übrigens: Viele Krankenhäuser und Seniorenheime haben bereits Kontakte zu Notaren, die beispielsweise auch an Wochenenden erreichbar sind.
Wie lange ist ein Nottestament gültig?
So unvermutet, wie eine Notsituation eingetreten ist, kann sie sich auch wieder entspannen. Im längsten Fall sieht das Gesetz eine Gültigkeitsdauer von drei Monaten vor. Wenn der Erblasser dann noch lebt, sind Nottestamente aller Varianten null und nichtig. Wie oben beschrieben, tritt dann nicht automatisch das davor zuletzt gültige Testament, sondern die gesetzliche Erbfolge in Kraft.
Gibt es unterschiedliche Nottestamente?
Beim Nottestament unterscheidet man zwischen drei Varianten: Bürgermeistertestament, Dreizeugentestament und Seetestament. Allen gemeinsam ist, dass es drei Zeugen geben muss. Grundsätzlich gilt immer und bei allen Varianten die Pflicht, den Sterbenden auf die zeitlich begrenzte Gültigkeit des Nottestaments aufmerksam zu machen.
Das Bürgermeistertestament
Der Bürgermeister kann das Testament anstelle eines Notars aufnehmen. Der Erblasser kann den Bürgermeister bitten, das Nottestament zusammen mit zwei weiteren Zeugen aufzunehmen. Sollte nur ein Vertreter des Bürgermeisters vor Ort sein, so muss dieser sich in der späteren Niederschrift des Letzten Willens als solcher legitimieren.
Hier und auch bei den beiden noch folgenden Varianten des Nottestaments reicht es, wenn der Erblasser seinen Willen mündlich kund tut. Dieser muss anschließend allerdings aufgeschrieben und vom Bürgermeister und den beiden Zeugen unterschrieben werden. Sollte der Vererbende zu einer Unterschrift nicht mehr in der Lage sein, ist das Nottestament auch ohne seine Unterschrift gültig. Allerdings muss die gesamte Situation, also auch die Notwendigkeit des Nottestaments in der Niederschrift möglichst ausführlich erklärt werden.
Das Dreizeugentestament
Im Wesentlichen deckt sich diese Variante mit dem Bürgermeistertestament. Allerdings muss hier als weitere Voraussetzung gelten, dass weder ein Notar noch ein Bürgermeister oder ein offizieller Vertreter aufzutreiben sind.
Des Weiteren wird in diesem Fall die Verantwortung für die Niederschrift und die Weitergabe des Letzten Willens gleichermaßen auf alle drei Schultern verteilt. Der vom Erblasser mündlich geäußerte Wille reicht aus. Alle drei Zeugen müssen ihn anschließend aufschreiben. Dazu gehört auch die Beschreibung der Notsituation des Vererbenden sowie die Umstände ihrer Anwesenheit. Auch hier ist eine Unterschrift des Sterbenden nicht notwendig.
Das Seetestament
In vielem Quellen findet sich auch der Begriff „Nottestament auf See“. Es enthält eine Besonderheit, die auf das 19. Jahrhundert zurückzuführen ist. Es war die Zeit der großen Auswanderungsströme nach Amerika und Schiffe waren mitunter wochenlang unterwegs. Dieses Nottestament benötigt keine Notlage, weshalb der Begriff „Seetestament“ etwas logischer wirkt. Allerdings kann diese Art Nottestament nur auf einem deutschen Schiff verkündet werden und damit gültig sein. Was genau ein deutsches Schiff ist, regelt das Deutsche Flaggenrechtsgesetz §§ 1-3.
Auch für das Seetestament werden drei Zeugen benötigt. Es muss jedoch kein Notar unter ihnen sein, selbst wenn ein Notar an Bord und damit greifbar wäre.
Wer darf Zeuge sein und wer nicht?
Alle drei Zeugen müssen aus freiem Willen und im vollen Bewusstsein ihrer Verantwortung der Verkündung des Nottestaments durch den Erblasser aufmerksam und die ganze Zeit beiwohnen. Erst gegen Ende für die Unterschrift hinzugerufen werden oder zwischendurch weggehen macht den ganzen Prozess ungültig.
Durch ihre Unterschriften bestätigt jeder der drei Zeugen, dass sowohl er als auch die beiden anderen sich vorschriftsmäßig verhalten haben.
Zum Schutz des Vererbenden sind allerdings einige Personen von vorneherein als Zeugen ausgeschlossen. Das sind:
- alle im Nottestament benannten Erben
- alle Personen, die darüber hinaus direkt vom Vermächtnis profitieren
- der Testamentsvollstrecker
- Ehepartner/in des Erblassers oder der Zeugen
- direkte Verwandte des Erblassers oder der Zeugen
- Vertreter, die für den Erblasser legitimiert handeln (zum Beispiel Pfleger/in des Erblassers)
Was muss in einem Nottestament stehen?
Das in der Not verkündete Testament ist erst gültig, wenn es anschließend niedergeschrieben wird. Es sollte neben dem letzten Willen Folgendes enthalten:
- Name des Vererbenden
- Name und Unterschrift der drei Zeugen
- Datum und Ort
- Schilderung der Umstände, die das Nottestament legitimieren:
Warum war es nicht möglich, einen Notar herbei zu rufen?
Warum konnte der Vererbende keinen Notar erreichen? - Im Falle des Drei-Zeugen-Testaments:
Warum konnte kein Bürgermeister oder ein Vertreter als Zeuge fungieren? - Verständniserklärung darüber, dass der Vererbende über die begrenzte Gültigkeit von maximal drei Monaten aufgeklärt wurde
Es gibt kein Muster für Nottestamente. Der letzte Wille kann sehr kurz ausfallen.
Beispiel: „Hiermit setze ich meinen Ehegattin Hanna als alleinige Erbin meines gesamten Vermögens ein. Meine Kinder Lisa und Max sollen jeweils den Pflichtteil erhalten.“
Helfen Sie, wenn Sie darum gebeten werden
Betrachten Sie ein Nottestament nicht als unkomplizierte, einfache Alternative zu einem „normalen“ Testament. Allein schon die maximale Gültigkeitsdauer von drei Monaten ohne Wenn und Aber sollte ausreichend daran erinnern.
Selbstverständlich gibt es auch hier noch einige Grauzonen, Sonderfälle und unzählige besondere Umstände, die nicht alle automatisch berücksichtigt werden können. Setzen Sie als Erwachsener, auch zum Wohle derer, die sie bedenken möchten, ein handschriftliches Testament auf und hinterlegen Sie es bei einem Notar. Sie können es jederzeit widerrufen und erneuern.
Die Rechtslage kann durch aktuelle Urteile immer wieder angepasst werden. Es lohnt sich immer, sich bei Fachleuten zusätzlich zu erkundigen. Haben Sie keine Angst, wenn man Sie als Zeuge für ein Nottestament braucht. Helfen Sie, wenn man Sie darum bittet!