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Die verstorbene Oma auf dem Kaminsims oder im eigenen Garten, der dahingegangene Ehemann als gepresster Diamant am Finger– der Friedhofszwang nimmt ab und vieles ist in Deutschland inzwischen unter dem Begriff Bestattungskultur denkbar, wenn auch nicht alles möglich und erlaubt ist.

Was möglich und erlaubt ist, regelt in Deutschland meist ein Gesetz. Im Falle von Beerdigungen, sind es die Bestattungsgesetze der Bundesländer. Sie regeln die in unserem Land geltende Bestattungspflicht recht einheitlich. Sie beinhaltet Vorgaben zur Einsargung, Beförderung, Friedhofs- und Grabwahl und insbesondere zur Einhaltung gesetzlicher Fristen. Weiterhin ist in den Gesetzen festgelegt, dass eine Leichenschau stattzufinden hat, eine Todesbescheinigung auszustellen ist und eine Meldung des Todes beim Standesamt erfolgen muss. Dazu gehört auch, dass der Leichnam von Verstorbenen oder ihre Asche ausschließlich auf dafür vorgesehenen Flächen bestattet werden dürfen.

Geschichte des Friedhofszwangs

Der sogenannte Friedhofszwang ist historisch aus hygienischen Gründen im Zusammenhang mit der früher vorherrschenden Erdbestattung entstanden. Im christlichen Europa wurden Verstorbene zumeist auf Kirchhöfen in der Nähe der Kirche bestattet. Doch mit der Zunahme der Bevölkerung wurde es dort bald eng, besonders in den größeren Städten. Dazu kam, dass damals meist in Massengräbern beerdigt wurde und gerade in Seuchenzeiten das häufige Öffnen der Gräber zu erheblichen hygienischen Problemen führte. Friedhöfe wurden deshalb seit dem 16. Jahrhundert und besonders ab 1800 zunehmend außerhalb der Städte und Dörfer angelegt. Das Allgemeine Landrecht in Preußen bestimmte dann 1806 auch per Gesetz, dass sich Bestattungsflächen außerhalb der städtischen Wohnflächen zu befinden haben. Im Feuerbestattungsgesetz von 1934 wurde diese Vorschrift fortgeschrieben.

Bestattungsformen unter Friedhofszwang

Die Bestattungsgesetze in Deutschland schreiben vor, dass eine Beerdigung außerhalb eines Friedhofsgeländes nicht zulässig ist. Eine Ausnahme macht seit 2015 der Stadtstaat Bremen. Übliche und weit verbreitete Bestattungsformen in Deutschland sind Erd- und Urnenbestattungen. Die Bestattungskultur hat sich in den vergangenen Jahrzehnten jedoch merklich verändert. Waren 1960 noch 90 Prozent aller Bestattungen Erdbestattungen, so wurden 2014 nur noch 38 Prozent der Toten in einem Sarg begraben. Zwei Drittel der Toten werden also in Krematorien verbrannt und die Asche landet immer seltener auf im Urnengrab auf Friedhöfen, sondern in Ruhewäldern („pietätsgenehmigte Fläche“ heißt das im Amtsdeutsch) oder bei Seebestattungen. Diese Formen sind gesetzlich erlaubt; ein Bestatter muss allerdings die Urne sowohl aufs Schiff als auch in den Wald bringen. Der Friedhofszwang besteht in Deutschland nicht nur für die Erdbestattung, sondern seit 1934 zwingend auch für die Asche von Toten. Angehörigen ist es also nicht möglich, im privaten Besitz der sterblichen Überreste ihrer Verstorbenen zu sein.

Der Friedhofszwang gilt nicht nur für Särge, sondern auch für Urnen.

Wider den Friedhofszwang oder alternative Bestattungsformen

Wer sich als Angehöriger damit nicht zufriedengeben will, landet schnell in der Illegalität. So, wenn er zum Beispiel seinen verstorbenen Verwandten zur Kremation in eines der Länder ohne Friedhofszwang überführt. Zur Auswahl stünden da Nachbarländer wie Tschechien, die Schweiz oder die Niederlande. Mit der Rückführung der Asche nach Deutschland, ohne nachfolgende Bestattung auf einer Friedhofsfläche oder einer pietätsgewidmeten Waldfläche, macht man sich als Verwandter jedoch strafbar. Konsequenzen können ein Bußgeld (in Berlin bis zu 10.000 Euro – Berliner Bestattungsgesetz §24, (3)) und eine Zwangsbestattung sein, deren Kosten ebenfalls der Angehörige zu tragen hat. Die Urne im eigenen Garten oder auf der Schrankwand aufzubewahren ist also ein risikovolles Unterfangen.

Weitere Bestattungsformen bewegen sich ebenfalls in einer Grauzone oder verstoßen offen gegen Gesetze. Bei der musealen Bestattung – Stichworte: Gunther von Hagen, Körperwelten, Plastination – wird der Leichnam konserviert und in der Medizin für Präparationskurse von Medizinstudenten und für Ausstellungen als Anschauungsobjekt genutzt. Nur selten werden allerdings ganze Leichen plastiniert, die restlichen Leichenteile und die Leichname werden nach den wissenschaftlichen Untersuchungen regulär eingeäschert und bestattet.

Die Asche von Verstorbenen lässt sich theoretisch auch aus einem Flugzeug, einem Hubschrauber oder einem Heißluftballon in der Luft verstreuen (Luftbestattung) oder in eine Mikrokapsel gefüllt und gemeinsam mit anderen Kapseln an Bord einer Trägerrakete in den Weltraum schießen (Weltraumbestattung). Praktisch sind beide Bestattungsarten in Deutschland aber nicht möglich, ebenso wenig wie die Diamantbestattung. Dabei wird in einem speziellen Verfahren aus einem kleinen Teil der Asche ein Diamant gepresst. Solche Diamanten können dann beispielsweise in einem Schmuckstück verarbeitet werden. Der Phantasie sind bei Bestattungen also keine Grenzen gesetzt, allerdings verhindert in Deutschland der Friedhofszwang die meisten Ideen.

Lockerungen der Friedhofspflicht

Immer wieder gab es in Deutschland Anläufe, die über 200 Jahre alte Vorschrift zu ändern, denn das Argument Seuchengefahr greift bei einer Einäscherung im Krematorium nicht mehr. Doch Friedhofsbetreibern und Bestattern gelang es bisher immer wieder, den vermeintlichen Angriff auf die deutsche Bestattungskultur abzuwenden. Die Ausnahme: In Bremen wurde der Friedhofszwang zum 1. Januar 2015 abgeschafft. Dort darf die Asche von Verstorbenen auf Privatgrundstücken und festgelegten öffentlichen Flächen verstreut werden. Allerdings muss dafür eine Erklärung des Verstorbenen vorliegen und die Windrichtung und -stärke sind zu beachten, damit nicht Nachbargrundstücke in Mitleidenschaft gezogen werden. Die meisten Bestatter in Bremen haben sich wohl inzwischen mit der neuen Regelung arrangiert – schließlich werden nur ein bis zwei Prozent von Bremens Toten seither privat beigesetzt.

Andere Länder, andere Bestattungssitten

In vielen Ländern Europas, einige wurden ja bereits genannt, ist regional oder landesweit der Friedhofszwang aufgehoben; zumindest für die Asche nach der Kremation. Sie kann zu Hause aufbewahrt oder an beliebigen Orten beigesetzt oder verstreut werden. In den Niederlanden kommt es häufig vor, dass die Asche von Verstorbenen für einen begrenzten Zeitraum im Hause verwahrt und erst später beigesetzt wird. Hauptargument für diese Freizügigkeit ist die bessere Trauerbewältigung von Hinterbliebenen. Auch außerhalb Europas ist die Aufbewahrung der Asche im eigenen Haus oder Grundstück sehr viel üblicher, unabhängig davon, dass es auch dort überall definierte Friedhofsflächen gibt.

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